Stadtbahn-Linie 5 nach Heuchelhof und Rottenbauer

Die Steilstrecke der Linie 5

Die beiden Stadtteile Heidingsfeld und Heuchelhof sind durch eine 5 Kilometer lange Neubaustrecke verbunden, die zum damaligen Zeitpunkt der Fertigstellung Ende 1989 eine der steilsten Straßenbahnstrecken Deutschlands war.[5] Daher weist die 1,6 Kilometer lange Steilstrecke einige Besonderheiten auf, auf die nachfolgend eingegangen werden soll.

Bereits bei der Erschließung des Heuchelhofs in den Sechzigern wurde entsprechend Platz für eine zukünftige Straßenbahnstrecke eingeplant. Man war sich allerdings bewusst, dass herkömmliche Schienenfahrzeuge wie die GTW-D8 (heute GT-D genannt) nicht in der Lage sind, die Rampe als vollbesetzter Zug und bei jeder Witterung problemlos zu bewältigen. Als Mitte der Achtzigerjahre die neue Linie 5 konkrete Formen annahm, musste sich die WSB überlegen, auf welche Art und Weise der steile Streckenabschnitt befahren werden soll: Reicht der Adhäsionsantrieb, wird eine Zahnradbahn benötigt oder soll gar eine Magnetschwebebahn zum Einsatz kommen? Letztendlich gelangte man zu der Überzeugung, dass die maximale Steigung von 91 Promille ohne Magnetschwebe- oder Zahnradtechnik bewältigt werden kann. So ließ die Würzburger Straßenbahn leistungsstarke Fahrzeuge mit Allachsantrieb konstruieren.[6]

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Würzburger Straßenbahn: Höhenverlauf der Linie 5

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Die Steilstrecke wurde im Gegensatz zur Trasse in der Mergentheimer Straße eingeschottert, um auch bei schlechten Witterungsverhältnissen bestmögliche Haftung zwischen Rad und Schiene zu gewährleisten. Nun standen die Geschwindigkeiten zur Diskussion, mit denen die GT-E und später dann auch die GT-N bergauf und bergab fahren sollten. Für die Bergfahrt sah die WSB keine Probleme und legte die Begrenzung auf 70 km/h fest.[5] Bei Talfahrt war man sich aber nicht sicher, wie lange der Bremsweg bei Notbremsungen sein würde. Dementsprechend waren umfangreiche Testfahrten nötig. Simulationsberechnungen ergaben, dass die Straßenbahn beim Blockieren aller Räder im Gefälle unter Umständen beschleunigt abrutschen könnte. Bei den Streckenversuchen wurden die Schienen auf der gesamten Länge der Gefällstrecke mit einem Schmierfilm präpariert, um den Rad-Schiene-Reibwert herabzusetzen. Auf den rutschigen Schienen wurden Gleitversuche durchgeführt. Der GT-E beschleunigte bergab auf 62 km/h und legte am steilsten Abschnitt eine Vollbremsung hin, so dass alle Achsen blockierten. Der Gleitweg betrug 26 Meter und nach 228 Metern kam der GT-E wieder zum Stehen. Ein beschleunigtes Abgleiten blieb aus, weil die Räder am ersten Drehgestell den Schmierfilm aufnahmen und die hinteren Radflächen wieder eine bessere Haftung zur Schiene hatten. Aus Sicherheitsgründen entschloss man sich, die Geschwindigkeiten bei Talfahrt auf 40 km/h im oberen Abschnitt und 30 km/h am steilsten, unteren Abschnitt zu begrenzen.[7]

Permanentmagnete im Gleisbereich; © 18.06.2015, André Werske
Permanentmagnete im Gleisbereich

Natürlich war eine technische Geschwindigkeitsüberwachung notwendig, um die niedrigen Geschwindigkeiten auch garantiert einzuhalten. Eine induktive Zugsicherung wäre überdimensioniert und zu teuer gewesen. Ein Überwachungssystem, wie es bei der Zugspitzbahn Anwendung findet, wurde als beste Lösung auserkoren, zumal dafür auch alle geforderten Sicherheitsnachweise vorlagen. Dazu sind an verschiedenen Stellen Permanentmagnete im Gleis verlegt, die beim Überfahren der Züge entsprechende Relais am führenden Drehgestell umschalten. So wird der Straßenbahn mitgeteilt, welchen Abschnitt sie nun befährt. Der Fahrer muss zeitgleich durch Drücken der entsprechenden Taster den Umschaltvorgang bestätigen. Macht er das nicht, bremst der Zug bis zum Stillstand ab. Auch wenn der Fahrer das Geschwindigkeitslimit überschreitet, bremst der Computer die Bahn ab, bis sie zum Stehen kommt. Somit ist die Sicherheit der Fahrgäste bei Talfahrt garantiert.[7]

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Würzburger Straßenbahn: Zugsicherungssystem auf der Linie 5
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Weiße Farbe für kühlere Schienen; © 01.05.2019, André Werske
Weiße Farbe für kühlere Schienen.

Seit dem 30.11.1989 ist die Steilstrecke der Linie 5 in Betrieb. In den ersten Jahren fuhren die GT-E mit bis zu 70 Stundenkilometern die Rampe hinauf, selbst bei Regen, Schnee und Eis.[8] Schienenheizungen waren übrigens nicht nötig, da die vordersten Räder das Eis durch das hohe Fahrzeuggewicht wegdrücken. Auch bergab erwiesen sich die Sicherheitsgrenzen als optimal. Nach nur wenigen Betriebsjahren zeigten sich allerdings erhebliche Verschleißerscheinungen an den Gleisen. Nach Aussagen einiger Fahrer war die Güte der Stahlschienen, die zu Beginn verlegt wurden, nicht ausreichend. Es mussten alle Schienenstränge ausgewechselt werden. Die Höchstgeschwindigkeit für die Bergfahrt wurde von 70 km/h auf 50 km/h beschränkt, um den Verschleiß zu reduzieren. Trotz allem verformten bzw. verschoben sich die Gleise mit der Zeit. An kritischen Stellen wurden Schienenauszugsvorrichtungen installiert, um mechanische Spannungen durch Temperaturunterschiede zu lösen. Irgendwann zwischen 2005 und 2011 arretierte man die Schwellen mit Stahlkrampen im Schotterbett, um zusätzliche Stabilität zu gewinnen. Dennoch kam es wärmebedingt erneut zu Gleisverwerfungen, was sich durch ein erhebliches Schlingern der Fahrzeuge bemerkbar machte – besonders die GT-N waren betroffen –, woraufhin Langsamfahrstellen eingerichtet werden mussten. Daher fand abermals ein umfangreicher Austausch der Schienenstränge statt. Vielleicht hätte eine sogenannte „Feste Fahrbahn“ dauerhaft Abhilfe geschaffen. Doch mir wurde von Verantwortlichen gesagt, dass diese absolut ungeeignet gewesen wäre – eine Begründung blieb jedoch aus. Im April 2019 setzte die WSB eine weitere Maßnahme gegen das Aufheizen der Schienen um: Sie wurden auf der sonnenzugewandten Seite auf einer Länge von etwa einem Kilometer weiß angestrichen – vom Schienenkopf, über den Steg bis einschließlich dem Schienenfuß. Die weiße Farbe reflektiert die Sonnenstrahlen, was eine Temperatursenkung um 8 °C zur Folge hat. [9]

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Video von der Steilstrecke



Quellenangaben

  1. „Zahlen, Daten & Fakten“ in: „125 Jahre Würzburger Straßenbahn“, WVV Magazin Jubiläumsausgabe, 2017.
  2. „Straßenbahn in Würzburg“, Website der WVV, aufgerufen am 25.02.2023.
  3. „Straba-Fahrplan Linie 5“, PDF, WVV, gültig ab 07.03.2022.
  4. „Deutsche Oldies im Plandienst: Die letzten Klassiker“, Straßenbahn-Magazin, 10/2012, S. 52, 53.
  5. „Perspektiven des Würzburger Stadtverkehrs nach Fertigstellung der Stadtbahn-Neubaustrecke 5“, Verkehr und Technik, 1990, Heft 9, S. 330ff.
  6. „Würzburgs Niederflur-Stadtbahnwagen: Der GT8/8C – Ein Fahrzeug für Steilstreckenbetrieb“, Siemens, Sonderdruck aus DER NAHVERKEHR (7. Jahrgang) Nr. 6/89, S. 38-48.
  7. „Niederflur-Stadtbahnwagen – Eine neue Fahrzeuggeneration“, ETG-Fachbericht 31, vde Verlag, S. 207-239.
  8. „30 Jahre Linie 5: Wie die Straba auf den Heuchelhof kam“, Mainpost, 30.11.2019.
  9. „Hitzekampf: Wie Städte versuchen die Wärme zu vertreiben“, Weather.com, 26.07.2019.

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