Straßenbahnwagen GT-D (GTW-D6 und GTW-D8)
1966: Zehn neue GTW-D6 für Würzburg
In der Nachkriegszeit veraltete der Fuhrpark der Würzburger Straßenbahn zusehend. Niemand wollte in ein Verkehrsmittel investieren, das nicht dem Bild einer autogerechten Stadt entsprach. Man behalf sich durch den Einkauf günstiger, aber alter Straßenbahnen aus Neuwied, Bad Kreuznach und Münster. In Eigeninitiative wurden größtenteils in der hauseigenen Werkstatt MAN-Trieb- und Beiwagen zu Gelenkwagen umgebaut. Doch das war nur eine kurzfristige Lösung, denn die Lebensdauer dieser sogenannten C-Wagen konnte nicht mit der von Neufahrzeugen mithalten. Erst als die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH 1966 in die Bresche sprang und gemeinsam mit der Stadt beschloss, die Straßenbahn als künftiges Rückgrat des ÖPNV zu fördern, konnten endlich Investitionen getätigt werden. Schon im Oktober 1966 bestellte die Würzburger Straßenbahn unter dem Dach der WVV bei der Firma Uerdinger Waggonfabrik in Düsseldorf (DUEWAG) 10 sechsachsige Gelenktriebwagen (GT6), wobei BBC für die Elektroausrüstung verantwortlich war.
Die Schreibweise des Herstellers DUEWAG
Vielleicht noch eine kleine Bemerkung zur Schreibweise des Herstellernamens. Dieser wurde in Versalien geschrieben, in der Fachliteratur werden die Bahnen jedoch Duewag-Gelenktriebwagen genannt und nur der Anfangsbuchstabe ist groß geschrieben. Andere Schreibweisen sind DÜWAG, DueWag, DüWag oder Düwag – alles in der Literatur von der WSB und anderen Quellen so unterschiedlich geschrieben gesehen.
1968: Die GTW-D6 im Plandienst
Die Bahnen zum Stückpreis von 320.000 D-Mark trafen zwischen 1967 und 1968 bei der WSB ein. In Würzburg etablierte sich der Begriff „GTW-D6“, wobei GTW für Gelenktriebwagen steht, D entweder für Drehgestell oder DUEWAG – so genau konnte es mir niemand sagen –, und 6 für sechs Achsen. Die GTW-D6 erhielten die Wagennummern 231 bis 240 und gaben ihr Debüt am 21. Februar 1968 auf der modernisierten und zum Ostbahnhof verlängerten Linie 3 nach Heidingsfeld. Damit wurden die letzten MAN-Trieb- und Beiwagen obsolet, aber auch die meisten Beiwagen aus Münster. Die Münsteraner Triebwagen wurden nur noch sporadisch auf den Linien 1 und 2 eingesetzt. Mit der Ablieferung aller 10 GTW-D6 konnte auch die Linie 2 in die Zellerau mit Neufahrzeugen bedient werden. Schon 1968 belohnte ein knapp 10 prozentiger Fahrgastzuwachs die Modernisierungsbemühungen der WSB. In den folgenden Jahren wurde kräftig ins Schienennetz investiert, sodass Langsamfahrstellen kontinuierlich abnahmen. Ab Oktober 1974 erfolgte die sukzessive Umlackierung aller elfenbein-farbigen Bahnen in die Stadtfarben Rot-Gelb.
1975: Acht neue GTW-D8 für Würzburg
Parallel zur Modernisierung und dem Ausbau der Trasse in Grombühl orderte die WSB bei DUEWAG acht 8-achsige Doppelgelenktriebwagen. Im Frühsommer 1975 wurden die in Würzburg „GTW-D8“ genannten Züge angeliefert. Sie erhielten die Nummern 241-248. Haupteinsatzgebiet war die Linie 3, die fortan von Heidingsfeld bis nach Grombühl führte und damit die längste Linie im Streckennetz war. Auch GTW-D6 mit Beiwagen waren auf dieser Route anzutreffen. Weiterhin wurde die Linie 1 zum Teil mit Achtachsern aufgewertet. Zu den 18 Neufahrzeugen gesellten sich ab 1975 zwölf 6-achsige, fast neuwertige Duewag-Gelenktriebwagen aus Hagen. Ende der Siebzigerjahre war also der gesamte Fuhrpark für den Fahrgastbetrieb vereinheitlicht und modern.
1983/84: Aus Sechsachsern werden Achtachser
Eine letzte, kapazitätssteigernde Maßnahme war die Umrüstung der GTW-D6 zu achtachsigen Doppelgelenktriebwagen. Die Züge 231 bis 240 erhielten 1982/83 je ein neues Mittelteil von DUEWAG, wodurch die Kapazität jeweils um 54 Plätze gesteigert werden konnte. Diese sind weitgehend baugleich mit denen aus der Achtachs-Serie von 1975. Man entfernte die Beiwagen-E-Kupplungen, da der Betrieb mit Anhängern eingestellt wurde. Halbautomatische Zielbänder im Fahrzeug-Mittelteil und Armaturenbretter, die ebenfalls der zweiten Serie entsprechen, sind eingebaut worden.
Einsatz der GTW-D8 in Würzburg
14 Jahre lang waren die GTW-D8 die Flaggschiffe der WSB. Ihre Zuverlässigkeit und die hohe Beförderungskapazität trugen zur Beliebtheit bei der Bevölkerung bei. Der Erfolg spornte zum Bau einer neuen Linie zum Stadtteil Heuchelhof an. Doch dafür waren neue, weit leistungsfähigere Bahnen erforderlich, um die künftige 1,6 Kilometer lange Steilrampe, mit bis zu 9,1 Prozent Steigung, bewältigen zu können. Bei Linke-Hofmann-Busch und Siemens wurden 14 allachsangetriebene Doppelgelenkwagen mit Niederflurabteil eingekauft. Mit der Inbetriebnahme der Linie 5 am 30. November 1989 waren nun die GT-E die Stars auf Würzburgs Gleisen. Die neuen Stadtbahnwagen waren allerdings keine Konkurrenz zu den „Duewags“, schließlich fuhren sie praktisch ausschließlich auf der neu hinzugekommenen Linie.
Doch ab 1996 rollte eine neue Fahrzeug-Generation an. 20 Niederflurzüge sollten in erster Linie die technisch verbrauchten „Hagener“ ersetzen. Mit ihrer geringen Kapazität konnten sie außerdem nicht mehr das hohe Fahrgastaufkommen bewältigen. Aber die GT-N verdrängten nicht nur die GT-H, sondern auch die meisten GTW-D8. Sie wurden vorerst in den Betriebshöfen zwischengelagert Ein Unternehmen aus Salzgitter nahm drei Duewag-Achtachser. Vom GTW-D8 Nummer 234 ist bekannt, dass ein Zwischenhändler in Salzgitter ihn verschrotten ließ. Acht weitere Bahnen dieses Typs wurden im Juli 2017 auf Tiefladern abtransportiert und ebenfalls verschrottet.
6 GTW-D8 als Verstärkerzüge zu Schulzeiten
Doch die achtachsigen Doppelgelenkzüge 236 und 238 (Baujahr 1966-68) sowie 243 bis 246 (Baujahr 1974-75) sind bis dato im aktiven Dienst mit Fahrgästen. Sie dienen als Verstärkerzüge zu Stoßzeiten an Schultagen und verlassen in aller Früh den Sanderauer Betriebshof. Bis kurz vor 9 Uhr pendeln die Duewags auf der Linie 4 zwischen Sanderau und Zellerau. Auch auf der Linie 1 zwischen Sanderau und Grombühl kann man die Oldtimer zwischen den Niederflurfahrzeugen entdecken. Während der Mittagszeit rücken die GTW-D8 abermals aus, um den Fahrgastansturm zu bewältigen. Von März bis Mai 2017 fielen einige GT-N wegen Rissen an den Portalrahmen aus. Fünf von sechs inzwischen von der WSB „GT-D“ genannten Straßenbahnzüge übernahmen ganztägig Kurse einiger GT-N. Dabei gilt zu beachten, dass die alten Schienenfahrzeuge nur im Tal verkehren können. Sie dürfen aus Sicherheitsgründen und mangels ausreichender Antriebsleistung die Steilstrecke hinauf zum Heuchelhof nicht mit Fahrgästen bedienen. Bei Fußball-Heimspielen rollten die Duewags lediglich bis zur Wendeschleife am Dallenbergbad. Nach erfolgreicher Reparatur der GT-N wurde das erweiterte Einsatzprogramm wieder auf bloße Verstärkerleistungen zurückgestuft. Die Tage der verbliebenen sechs GT-D sind gezählt. Mit der Betriebsaufnahme der ersten GT-F werden die Oldtimer ausrangiert. Ich hoffe, dass zumindest Fahrzeuge 236 als fahrtüchtiger Oldtimer der Würzburger Straßenbahn erhalten bleiben wird.
Bezeichnung: | Achtachsiger Doppel-Gelenktriebwagen GTW-D8 |
Bauart: | Achtachsiger Duewag-Doppel-Gelenktriebwagen |
Fahrzeugnummern: | 1. Serie: 231–240 2. Serie: 241–248 |
Baujahre: | 1. Serie: 1967–1968 2. Serie: 1975 |
Hersteller: | Duewag |
Spurweite: | 1000 mm |
Höchstgeschwindigkeit: | 65 km/h |
Anfahrbeschleunigung: | 0,82 |
Notbremsverzögerung: | 3,0 m/s² |
Achsfolge: | B'2'2'B' |
Fahrleitungsspannung: | 750 V Gleichspannung |
Fahrmotoren: | 1. Serie: 2 x 120 kW 2. Serie: 2 x 150 kW |
Bremssysteme: | ? |
Leergewicht: | 27 t |
Radabstand / Raddurchmesser: | 1800 mm / 660 mm |
Platzangebot: | 57 Sitzplätze, 83 Stehplätze (4 Pers/m²) |
Länge / Breite / Höhe: | 25.440 mm / 2.200 mm / 3.650 mm |
Fußbodenhöhe: | 880 mm über SO |